Streuobstwiese "Auf der Spick" im Rohrbachtal

(10.01.2020) Mitte November 2019 gab der Stadtrat St. Ingbert grünes Licht für die Erweiterung der Beweidungsfläche im Naturschutzgebiet Rohrbachtal. Damit kann die Beweidung um rund 10 Hektar erweitert werden und reicht künftig bis zum Weg, der von der Rohrbacher Mühlstraße bis zum Waldrand verläuft.


Die vier Kooperationspartner dieses Projekts waren sich einig, dass die Hochlandrinder, die seit gut 3 Jahren für die Pflege des Offenlandes im Rohrbachtal sorgen, ihrer Aufgabe in vollem Umfang gerecht geworden sind. Sie halten den Aufwuchs der Späten Traubenkirsche ebenso in Schach wie den des Japanischen Rohrknöterichs und der Kanadischen Goldrute, allesamt invasive Arten, die ohne die Beweidung das gesamte Gebiet überwuchern und der heimischen Artenvielfalt keine Chance lassen würden.

 

Ende August 2016 zogen Schottische Hochlandrinder in das Naturschutzgebiet Rohrbachtal zwischen St. Ingbert und Rohrbach. Der Start des Beweidungsprojekts war das Ergebnis einer fruchtbaren Zusammenarbeit zwischen den vier Projektpartnern Stadt St. Ingbert, Naturlandstiftung, Landwirt und NABU St. Ingbert.

 

Ziel der Beweidung war die Erreichung des ursprünglichen Naturschutzzwecks, also der Schutz der Lebensgemeinschaften an Feucht- und Nasswiesen, Schilfröhrichten sowie der Vielfalt wertvoller Pflanzen- und Tierarten. Seit 2016 begleitet der NABU St. Ingbert die Entwicklung von Vegetation und Avifauna im Gebiet. In diesem Artikel stellen wir Ihnen kurz vor, welche Erfolge sich bereits 2019 im Bereich Vegetation nachweisen lassen.

 

Extensive Mähwiesen, Borstgrasrasen und Pfeifengraswiesen sind die FFH-Lebensraumtypen, deren Entwicklung auf fünf Dauerbeobachtungsflächen unter die Lupe genommen wurden. Bei den Mähwiesen ergeben sich aufgrund der schonenden Beweidung artenreiche Wiesenflächen. Die im November 2018 durchgeführten selektiven Rodungen der invasiven Art Späte Traubenkirsche (Prunus serotina), bei denen darauf geachtet wurde, auch stehendes und liegendes Totholz zu erhalten, führten zu einer erheblichen Reduktion des Infektionsdrucks durch ausfallende Samen. Auch war die wegfallende Beschattung positiv für lichtliebende Magerrasen. Es ergab sich darüber hinaus eine Stabilisierung des Wasserhaushalts durch reduzierte Verdunstung aufgrund der Rodungen. Der Bestand von Bachnelkenwurz (Geum rivale) wurde durch die Beweidung nicht beeinträchtigt. Es ließ sich sogar eine leichte Ausweitung feststellen. Die Entnahme der Pflanzenmasse durch die Weidetiere ergab eine Verringerung der Eutrophierung. Die Verfilzung der Grasnarben wurde sichtbar reduziert. Der Bestand der zwei Borstgrasrasen-Flächen hat sich im Vergleich zu den Vorjahren verbessert. Die Freistellung der Wiese ergibt auch optimale Bedingungen für die Pfeifengraswiesen. Dies beweisen die ausreichenden Vorkommen z.B. von Großem Wiesenknopf (Sanguisorba officinalis), Teufelsabbiss (Succisa pratensis), Heil-Ziest (Betonica officinalis), Herbstzeitlose (Colchicum autumnale) und Aufrechter Glockenblume (Campanula rotundifolia).

 

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass infolge der Beweidung ein sehr starker Rückgang der Pflanzenmasse der Kanadischen Goldrute (Solidago canadensis) innerhalb der Beweidungsfläche im Gegensatz zu der angrenzenden Fläche festzustellen ist, dass aufgrund der Beweidung eine deutlich geringere Gehölzsukzession stattfindet und dass auf den FFH-Lebensraumtypen keine Schäden durch Vertritt aufgetreten sind.

 

Aufgrund der positiven Entwicklung und der Akzeptanz in Bevölkerung und Politik beschloss der Stadtrat St. Ingbert im November 2019 eine Erweiterung des Beweidungsgebietes um knapp 9 Hektar.

Text: Franz-Josef Weicherding, Fotos: Barbara Böhme

Grasen für die Artenvielfalt

Ende August 2016 ziehen Schottische Hochlandrinder auf ihre Weide im Rohrbachtal um. Ihr Besitzer ist Landwirt Edgar Sander und ihre Aufgabe ist die extensive Beweidung  von knapp 20 ha Gelände des Rohrbachtals zwischen St. Ingbert und Rohrbach und damit eines wichtigen Trittstein im Biotopverbund des Saarpfalzkreises. Dass die Tiere nun dort grasen können, ist das Ergebnis einer jahrelangen, mühseligen Vorbereitungsarbeit. Bereits Ende 1990 wurde ein Gebiet von gut 3 km Länge und stellenweise nur gut 100 m Breite zu einem insgesamt knapp 50 ha großen Naturschutzgebiet Im Glashüttental/Rohrbachtal erklärt. Es reicht vom östlichen Ortsausgang St. Ingberts an Rohrbach vorbei bis zur Spieser Mühle.

 

Trotz der Ausweisung als Naturschutzgebiet gelang es in den darauffolgenden Jahren immer weniger, dem Naturschutzzweck gerecht zu werden. Die Lebensgemeinschaften an Feucht- und Nasswiesen, Schilfröhrichten und die Vielfalt wertvoller Pflanzen- und Tierarten, insbesondere Vogelarten, konnten nicht erhalten, geschweige denn gefördert werden. Gab es noch in den 1980er Jahren Brutnachweise von Braun- und Schwarzkehlchen, Wiesenpieper und Bekassinen, im Winter auch gelegentliche Vorkommen des Raubwürgers, so musste im Jahr 2012 die traurige Bilanz gezogen werden, dass all diese Arten verschwunden waren. Höchstens im Winter rasteten vereinzelt Bekassinen oder auch mal eine Zwergschnepfe.

 

Auch auf der Vegetationsseite sah es zunehmend schlecht aus. Invasive Pflanzen wie Kanadische Goldrute, Späte Traubenkirsche, Japanischer Rohrknöterich und Drüsiges Springkraut nahmen seit der Schutzgebietsausweisung massiv zu.  Verbuschungen und starker Gehölzaufwuchs sorgten dafür, dass die wertgebenden Arten der Wiesen wie Taubenskabiose, Großer Wiesenknopf und Pfeifengras stark zurückgedrängt wurden.

 

Überhaupt wirkte sich der Verlust des Offenlandes negativ auf die Artenvielfalt aus. Um einer weiteren Verschlechterung entgegenzuwirken, gab es seit einigen Jahren immer wieder Bemühungen, durch eine Ganzjahresbeweidung Abhilfe zu schaffen. Nach mehreren gescheiterten Versuchen verschiedener Akteure nahm die NABU Gruppe St. Ingbert den „Vogel des Jahres 2013“, die Bekassine, zum Anlass, einen neuen Anlauf zu starten. Ergebnis ist drei Jahre später eine gelungene Kooperation zwischen der Stadt St. Ingbert, der Naturlandstiftung Saar, dem Landwirt Edgar Sander und dem NABU St. Ingbert.

 

Dazu mussten im Vorfeld alle naturschutz-, wasserschutz- und eigentumsrechtlichen Voraussetzungen für eine Beweidung geschaffen werden. Die Stadt St. Ingbert hat Flächen zur Verfügung gestellt, sowie Finanzmittel für die Errichtung des Weidezaunes, die Beschilderung und eine Erstpflege. Das Umweltministerium hat Mittel für den Flächenerwerb bereitgestellt. Die Naturlandstiftung Saar mit ihrer langjährigen fundierten Erfahrung übernahm die Beantragung aller notwendigen Genehmigungen. Der Landwirt kümmert sich um die Tiere und der NABU St. Ingbert beobachtet und dokumentiert die Entwicklung von Vegetation und Avifauna.

 

Sehr erfreulich ist, dass auch die Bevölkerung das neue Beweidungsprojekt gut aufnimmt. Mittlerweile treffen sich Spaziergänger am Rand der Weide, um die eindrucksvollen Tiere zu beobachten. Die robusten Hochlandrinder, die sich ganzjährig im Gebiet aufhalten, sind besonders für die extensive Beweidung geeignet und haben sich bereits sehr gut eingewöhnt. Zwei Kälber wurden sogar schon auf der Weide geboren.

Text und Fotos: Barbara Böhme

Links:

www.highlander-grumbachtal.de

www.nabu-st-ingbert.de

Naturschutzjugend in St. Ingbert

Biodiversitäts-kampagne

 

 

 

 

 

 

 

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