Wertvolle Waldwiese am Schwammwiesbach -                Licht fördert die Artenvielfalt

(10.02.2020) St. Ingbert ist ein von Wäldern umgebener Ort. Das Dorf Lendelfingen, der Vorläufer der heutigen Stadt, entstand auf einer inmitten großer Wälder geschlagenen Rodungsinsel. Einzelne Rodungsinseln wurden von Menschen als Wohn- und Arbeitsorte geschaffen. Deren Bewohner waren oftmals Holzfäller oder Köhler. In der Regel waren sie Selbstversorger und mussten, um sich zu ernähren, auch Landwirtschaft betreiben. Die Haltung von Nutztieren war dabei unumgänglich. Um die Ernährung der Nutztiere sicherzustellen, mussten Weiden, Flächen zur Grünfuttergewinnung und Gärten angelegt werden. Deren Schaffung war oftmals die Geburtsstunde von manchen, heute noch existierenden Waldwiesen.

 

Waldwiesen waren noch am Anfang des 20. Jahrhunderts prägende Bestandteile der Landschaft bei St. Ingbert und den umgebenden Dörfern. Wasserreiche Bäche begrenzten oder durchflossen sie. Das Grünland wurde extensiv genutzt, nur wenig entwässert und speicherte in seinem Boden große Mengen Regenwasser. Damit bot es ideale Voraussetzungen für das Aufwachsen einer Vielfalt von Gräsern und Kräutern. Ebenso war es Biotop für vielerlei Insekten, darunter seltene Schmetterlinge und zahllose weitere Tierarten die speziell an den Lebensraumtyp Waldwiese angepasst waren. Der Reichtum an Insekten machte sie zum Jagdrevier für viele in den umliegenden Wäldern lebende Fledermäuse, Eulen und Greifvögel.

 

Auch für das lokale Kleinklima sind Waldwiesen sehr bedeutend. Als Wasser- und Kohlenstoffspeicher wirken sie ausgleichend auf die örtlichen Temperaturverhältnisse und tragen dazu bei, Witterungsextreme abzupuffern.

 

Waldwiesen sind schutzwürdig und bedroht zugleich. In den letzten 60 Jahren wurde ihre Nutzung europaweit vielerorts aufgegeben. Sie wurden aufgeforstet, andernorts verbuschten sie durch die einsetzende Sukzession, nachdem sie nicht mehr gemäht wurden. In St. Ingbert und seinen Stadttilen sind über 80 % des ehemaligen Grünlandes in den Wäldern verschwunden. Der Wiesenzug im Tal des Schwammwiesbachs wird schon sehr lange genutzt. Auf einer Karte aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, ist er als Teil des Grünlandes auf dem „Spatzenhübel“ (heute: Roter Flur) leicht zu erkennen. Als eine schmale Verlängerung erstreckt er sich in den Wald und reicht vom ehemaligen Forsthaus (am Fuß der heutigen Dr.-Ehrhardt-Straße) nach Nordwesten bis an die Nordspitze des obersten Sauweihers.

 

Von dem Wiesenzug ist heute nur noch die von der NABU-Ortsgruppe St. Ingbert gepflegte Wiese erhalten. Weite Teile des ehemaligen Grünlandes werden von den drei vom Schwammwiesbach gespeisten Sauweihern eingenommen. Ihr Name erinnert an die Zeit, in der sich dort ein Weidegrund für Schweine befand, die sich mit den Waldfrüchten den begehrten Speck anfraßen. Sonstige Teile des Tals hat sich nach dem Ende der landwirtschaftlichen Nutzung wieder der Wald zurückerobert.

 

Die verbliebene Wiesenparzelle ist ein wertvoller Lebensraum für die ursprüngliche Tier- und Pflanzenwelt des alten Talzugs. Neben Vögeln und Insekten kommen auch in St. Ingbert selten gewordene Kleinsäuger, Amphibien und Reptilien vor. Aus naturschutzfachlichen und ökologischen Gründen ist die Wiese unbedingt erhaltenswert.

 

Zum Schutz der Wiese müssen alljährlich neu entstehende Ablagerungen, die zu einem erhöhten Nährstoffeintrag und zu einer Versauerung des Bodens führen, beseitigt werden. Dazu gehört nicht nur das anfallende Mähgut sondern auch Teile des Herbstlaubs des umgebenden Waldes. Gleiches gilt auch für den ständigen Aufwuchs aus Bäumen und Sträuchern, die durch umherfliegende Samen in die Wiese gelangen. Durch diesen Aufwuchs hat sich in den letzten beiden Jahrzehnten die Wiesenfläche durch das starke Vordringen der Bewaldung erheblich verkleinert.

 

Der NABU St. Ingbert hat sich entschlossen, im waldreichen und wiesenarmen St. Ingbert diese Wiese wieder in ihrer ursprünglichen Ausdehnung herzustellen. Im Februar 2020 wurden deshalb Bäume auf der Wiese gefällt. Das bei den Mäharbeiten anfallende Stammholz verbleibt auf der Wiese und wird dort zu Lesehaufen und Holzstapeln verwendet. Diese dienen als Sonnenplätze für Waldeidechsen, Blindschleichen und Ringelnattern, das Holz selbst als Nahrung für Xylobionten (Organismen, die sich vollständig oder teilweise von Holz ernähren, z.B. Pilze, Käferlarven). Weiterhin können etliche Insektenarten ihre Brutgelege in den langsam vermodernden Stammstücken und auf dem im Wald verbleibenden Astholz anlegen.

 

So kann hier eine extensive landwirtschaftliche Nutzungsform erhalten bleiben, die in der Geschichte unserer Stadt vielen Generationen von Einwohnern zum Lebensunterhalt diente und stets auch ein „Zuhause“ für viele verschiedene Pflanzen- und Tierarten war, die auf eine Waldwiese als Lebensraum angewiesen sind.

 

Die Pflegearbeiten auf dieser Wiese wurden finanziell unterstützt durch die Förderstiftung der Familie Stromsky.

Text: Franz-Josef Weicherding, Fotos: Barbara Böhme

Naturschutzjugend in St. Ingbert

Biodiversitäts-kampagne

 

 

 

 

 

 

 

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